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The Rudolf Steiner Archive

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Aufsätze uber die Dreigliederung des sozialen Organismus
GA 24

Abwehr eines Angriffes aus dem Schoße des Universitätswesens

(Ein paar Worte zum Fuchs-Angriff Juli 1920)

Vor einiger Zeit habe ich in dieser Wochenschrift gesagt, daß ich keine Neigung zur Polemik habe. Ich glaube dieses wahrhaft hinlänglich dadurch bewiesen zu haben, daß ich eine stattliche Anzahl unerhörter Angriffe, die zumeist in wüste, persönliche Beschimpfungen ausarten, unwidersprochen gelassen habe. Mir schien es vor allem notwendig, meine Zeit und Kraft dem positiven Ausbau derjenigen wissenschaftlichen Forschungsrichtung zu widmen, die ich durch meine Schriften seit fünfunddreißig Jahren vor der Welt geltend machen will. Was in diesen Schriften vorliegt, gibt anderen heute, wie mir scheint, genügend Unterlagen, um die notwendige sachlich-wissenschaftliche Verteidigung dieser Forschungsrichtung zu übernehmen. Dieser Aufgabe haben sich in jüngster Zeit wissenschaftlich und künstlerisch tüchtige Persönlichkeiten unterzogen. Diese Forschungsrichtung gibt Richtlinien für die in unserer Zeit brennend gewordene soziale Frage. In Stuttgart hat sich eine Anzahl von Persönlichkeiten zusammengefunden, die von der Fruchtbarkeit dieser sozialen Richtlinien überzeugt, durch den Bund für Dreigliederung des sozialen Organismus unermüdlich entsprechende Arbeit leisten. An anderen Orten haben sich diesen Andere angeschlossen, die verständnisvoll wissenschaftlich und sozial zu wirken bestrebt sind.

Welche Erfahrungen zwei dieser Verteidiger der Arbeit, Dr. Walter Joh. Stein und Dr. Eugen Kolisko mit ihren Vorträgen in Göttingen jüngst gemacht haben, das wird in der vorigen und in dieser Nummer dieser Wochenschrift geschildert. Ich selbst kann es, aus dem Interesse der Sache heraus, nur dankbar empfinden, daß sie sich in ihre nicht gerade begehrenswerte Rolle begeben haben.

Man muß leider eine Verteidigung selbst in Dingen führen, die so zu Tage gefördert werden, wie die Behauptungen des Professor Dr. Fuchs in Göttingen. Alle meine Schriften sprechen mit absoluter Selbstverständlichkeit gegen solche Absurditäten wie, meine Anthroposophie versetze geistig in die Zeiten des Mittelalters, für jeden, der lesen will. Wer verfolgt, wie in geradliniger Fortbewegung meine Anthroposophie sich aus dem ergibt, was ich bereits in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts geschrieben habe, für den ist es einfach lächerlich, wenn gesagt wird, ich speise meine Leser und Zuhörer mit orientalischen Lehren ab, die insbesondere dem nördlichen Buddhismus entlehnt sind.

Beweise für oder gegen die Wissenschaftlichkeit der Anthroposophie müssen aus ganz anderen Ecken heraus geführt werden als diejenigen sind, die Professor Dr. Fuchs nach seinen bisherigen, lediglich schimpfenden Auslassungen, zur Verfügung zu stehen scheinen. Wenn Professor Fuchs dasjenige allein für Naturwissenschaft erklärt, was er über die ihm bekannten Naturtatsachen denkt, so ist das seine Privatsache. Ich habe nirgends erklärt, daß Anthroposophie mit dem übereinstimmt, was er und die ihm geistig ähnlich Gearteten über Natur und Geist denken. Von den Naturtatsachen habe ich immer wieder zu beweisen versucht, daß sie nicht dasjenige fordern, was er und die Naturgelehrten seines Schlages meinen, sondern was durch die Anthroposophie gefordert wird. In diesem Sinne spreche ich von dem Einklange zwischen Naturwissenschaft und Anthroposophie. Wer wie Professor Fuchs diesen Tatbestand in das Gegenteil verkehrt und auf Grund dieses Gegenteils beschimpfende Aussagen macht, der spricht die objektive Unwahrheit.

Von einem Forscher, der ernst genommen werden soll, muß verlangt werden, daß er den Sinn für objektive Tatsachen hat. Wer ein anatomisches Präparat vorgelegt erhält, das gegen eine absurde Behauptung spricht, der kann wissenschaftlich nur ernst genommen werden, wenn er sich das Präparat erst ansieht und seinen Zusammenhang mit andern Tatsachen ins Auge fassen will. Professor Dr. Fuchs hört, daß in Stuttgart gegen die blöde Behauptung, ich sei Jude, mein Taufschein vorgewiesen worden ist. Er sagt, wie so viele andere, die in gewissenloser Weise die Lüge verbreiten, ich sei Jude, es gebe auch getaufte Juden. Nun, mein Taufschein enthält aber Daten, die so gegen meine Abstammung von Juden sprechen, daß sich schon aus ihnen die Behauptung meines Judentums als eben blöder Unsinn enthüllt. Ich brauche wohl nicht zu sagen, daß ich selbst keinen Wert auf meine Abstammung von diesem Gesichtspunkte aus lege. Es handelt sich für mich lediglich darum, daß es dreist erlogen ist, wenn man mich zum Juden macht. Für mich aber ist, wer so über Tatsachen spricht, wie Professor Fuchs über mein angebliches Judentum, wenn auch nur so nebenher, kein Wissenschafter. Ich habe ernstere Anschauungen von der Gewissenhaftigkeit in der wissenschaftlichen Vorstellungsweise. Wer auf einem Gebiete beweist, daß ihm der Sinn für Tatsachen fehlt, von dem glaube ich nicht, daß er ihn auf einem anderen Gebiete haben kann. Eine Anatomie, die mit ihren Tatsachen so verführe, wie Professor Fuchs mit meinem Taufschein, wäre für mich jedes wissenschaftlichen Charakters bar. Ich beschränke mich vorläufig auf diese wenigen Sätze. Was Professor Fuchs vorgebracht hat über Priorität und dergleichen, das kann ich zu beurteilen ruhig denen überlassen, die meine Schriften wirklich lesen und die deren Fragestellungen verstehen können.